New York / USA // Bäckerei // Lesedauer 8 Minuten

Reisen und Essen gehören zusammen wie Licht und Schatten. Delikate Genüsse prägen das Reiseerlebnis. Da wundert es nicht, dass weltweit der kulinarische Tourismus in den vergangenen Jahren der am schnellsten wachsende Reisetrend darstellt. Verschiedene Städte buhlen um das beste Food-Reiseziel. Besondere Vielfalt auf dem Teller gibt’s in der Metropole New York. Ob gehyptes Restaurant oder Street-Food-Option in der glitzernden Skyline von New York lässt sich Schlemmen wie Gott in Frankreich – excuse me, natürlich in Amerika.

Besonders Dessert-Liebhaber kommen in New York voll auf Ihre Kosten. Als krönender Abschluss zu einem Menü, eine kleine Süssigkeit für zwischendurch oder einfach ein Glücklichmacher; einige Süssspeisen sind charakteristisch für diese Stadt. Dazu gehört der Cheesecake. Erhältlich in verschiedenen Geschmacksrichtungen und mit unterschiedlichen Belägen ist er beinahe zu einem Symbol für New York geworden. Die besten Käsekuchen gibt’s bei Eileen’s Special Cheesecakes, Two Little Red Hens oder bei Junior’s Cheesecake. Im Big Apple werden auch kleinere Brötchen gebacken – sorry, natürlich Kuchen. Delikate Leckerbissen sind die beliebten Cupcakes, die mit Buttercreme in verschiedenen Geschmacksrichtungen bedeckt sind. Liebhaber dieses Gebäcks kommen bei Magnolia Bakery, Baked by Melissa oder bei Georgetown Cupcake voll auf ihre Kosten. Homer Simpson liebt sie und etliche New Yorker tun es ihm gleich: Donuts. Der süsse und frittierte Donut gibt’s in allen Variationen. Mit Zuckerguss, Schokolade, Puderzucker und reichlich anderen, bunten Modifikationen. Bei Donut Plant gibt’s die grösste Auswahl. Doch welcher Dessertkult verzaubert nun die Amerikaner wie kein anderer?

Chelsea’s süßes Geheimnis: Wie Spezialisierung Herzen und Gaumen erobert

Die High Line ist eine stillgelegte Hochbahn, welche in eine wunderschöne Parkanlage verwandelt wurde. Sie schlängelt sich durch die Häuserschlucht eines der lebendigsten und schönsten Viertel von New York: Chelsea. Beliebte Attraktion bei Touristen und geschätzt bei den Einwohnern von Chelsea als ruhigen, erhabenen Raum mit einer unvergleichbaren Aussicht. Wer hier an der Ecke 75 9th Ave abgeht, kommt zum Chelsea Market. Dieses alte Gemäuer, dessen Ursprung auf 1890 zurückgeht, war einst eine Keksfabrik (Oreo Kekse). Heute ist es die erste Adresse für Gourmets und lockt jährlich rund sechs Millionen nationale und internationale Gäste an. Die reduzierte Backsteinarchitektur des Gebäudes, das einmalige, kultige Ambiente im Innern mit alten Böden, Granitstatuen und Eisenträger beheimatet heute einzigartige und vielfältige Händler wie Wein- und Gemüsehändler, Fischmarkt, Sushibar, Steak-Restaurant und die Fat Witch Bakery. Gerade bei Letzterem gibt es himmlisch leckere Angebote. Garantiert zu schade für eine Tortenschlacht, denn hier hat man sich auf delikates Konfekt spezialisiert: Eine Hommage an den Brownie. 

Schokoherz erobert die USA: Patricia Heldings und der Siegeszug des perfekten Brownies

Auf bescheidener Fläche werden in der Fat Witch Bakery die besten Brownies weit und breit angeboten. Es ist eine magische, zauberhafte Welt von Zuckerbäckern und weckt Kindheitserinnerungen; hier scheint nichts so üppig verziert wie in Grimms Märchen Hänsel und Gretel, als die Geschwister das verzauberte Lebkuchenhaus, gebaut aus Süssigkeiten, im tiefen Wald fanden. Dieses Ladenlokal ist unscheinbar, eine Welt voller Geschmack und nichts lenkt davon ab. Und das ist gut so. Patricia Heldings, die Gründerin dieser besonderen Bäckerei, hat vor mehr als 25 Jahren ihr Herz den delikaten Schokoküchlein geschenkt und damit so manche Augen und Gaumen zum Jubeln gebracht. In diesem Vierteljahrhundert hat sich sie sich zur Schokogebäck-Spezialistin gemausert.

Wo Leidenschaft und Spezialisierung für unvergleichliche Genuss-Momente sorgen
In ihrem Shop findet der Besucher die fabelhaften, saftigen und unglaublich schokoladigen Meisterwerke, die man einfach lieben muss. Und was für eine Vielfalt hier angeboten wird! Die Hexen-Stückchen, wie das leckere Gebäck hier liebevoll genannt wird, gibt es mit Ingwer, Pfeffer, Walnuss, Karamell, Kaffee, roten Kirschen und mit vielem anderen Zutaten. Was für eine süsse Inszenierung. Der originale Fat Witch Brownie machte diese Bäckerei berühmt. Sie sind reichhaltig schokoladig, an den Aussenrändern kuchenartig und innen saftig. Insgesamt sind es über 15 Sorten, die aus einem fabelhaften Rezept ein ganz besonderes Unternehmen gemacht haben, welches bereits seit 1998 im Geschäft ist. Einmal probiert, lassen diese Backwaren die Geschmacksknospen aufgehen und entführen die Esser in längst vergangene Kindertage, als Märchen von Hexen und Süssigkeiten uns in den Bann zogen. Es ist ein kleines Paradies für Naschkatzen. Es scheint so, als ob aus einem altmodischen Rezept ein modernes Revival entstanden ist, eben ein unwiderstehliches Gebäck für den Gourmet-Gaumen. Hier hat man sich auf kleinen Mengen spezialisiert, welche ausschliesslich mit natürlichen Zutaten gebacken werden, ganz ohne Konservierungsstoffe, damit eine exzellente Qualität wie hausgemacht entsteht. Wahrscheinlich liegt es an der Backdauer, aus einem ausgezeichneten Teig mit hohem Kakaoanteil ein solch perfektes Gebäck zu erstellen. Möglicherweise hält dieses Schoko-Glück locker drei Tage. Das kann ich mir aber nur theoretisch vorstellen, denn in der Praxis sind diese herrlichen Stückchen in wenigen Stunden verputzt. Wer hier einkehrt, sollte alle Vorsätze, einige Kilos abzuspecken, an der Eingangstüre hinter sich lassen. Das Schlemmen ist es allemal wert. 

Kuchen-Magie mit Spezialisierung – ein Erfolgsrezept mit maximaler Rendite

Die Marke Fat Witch Bakery ist eine minimalistische Strichzeichnung eines Hexenportraits. Sie erinnert an das illustrierte Kinderbuch «Die kleine Hexe» von Otfried Preussler. Ausdruck der Einfachheit und zeitgleich Spiegel dessen, was offeriert wird. Mit wenigen Zutaten die besten Brownies der Welt zu backen. Es ist weder teuer noch zeitaufwendig. Das schlichte Branding ist perfekt auf allen Produkten inszeniert. Nebst dem Einzelhandelsgeschäft bietet das Unternehmen auch einen Lieferdienst an. Ein weiterer Indikator dafür, dass man in dieser New Yorker Bäckerei vorbeischauen sollte, ist die Tatsache, dass es dieses delikate Backwerk auch in einem Ableger in Japan gibt. Da kann man nicht falsch liegen, oder? Nachzulesen auf der etwas wirren, leicht in die Jahre gekommene Website der Firma. Diverse Merchandising-Artikel runden das süsse Sortiment ab. Hier dreht sich eben alles den legendären Schoko-Kuchen, was beweist, dass es sich lohnt, sich auf eine Sache im Business zu konzentrieren. Weil hier ein sehr traditionelles Handwerk kultiviert wird, orientieren sich die Preise für die kleinen und grösseren Knabbereien an dem, was quartierüblich ist: ca. 100 Gramm gibt’s ab 2.95 US-Dollar, während die Baby-Variante mit 1.75 US-Dollar zu Buche schlägt. Täglich backt und verkauft der Betrieb über 2000 Stück ihrer kleineren und grösseren köstlichen Kreationen. Trends wie Nachhaltigkeit ist für diese Hexenwelt ebenfalls kein Fremdwort. Und was macht ein absoluter Spezialist auf seinem Gebiet? Natürlich publiziert man sein eigenes Buch für die vielen Fans. Patricia Heldings hat bereits vor Jahren ihre gut gehüteten Rezepte in ihrem Backbuch «Fat Witch Brownies: Brownies, Blondies, and Bars from New York’s Legendary Fat Witch Bakery» veröffentlicht. Schritt-für-Schritt-Anleitung zum perfekten Kuchen daheim – eben ein echtes Must-have für alle Hobby-Bäcker. Wenn das mal nicht die Kunden verzaubert?!

Ein Brownie ist Glück, das man Essen kann

Das der Schoko-Traum in den USA von Bedeutung ist, beweist der National Brownie Day, welcher jährlich am 8. Dezember gefeiert wird. Dieses klassische, amerikanische Dessert, ein Kuchen mit weichem Keks im Innern, wird seit dem frühen 20. Jahrhundert genossen. Der Unterschied zwischen einem Brownie und einem Schokoladenkuchen, wie wir ihn von Mama kennen und lieben, liegt in der Beschaffenheit: Brownies sind reichhaltiger, feuchter, kompakter und enthalten meist mehr Schokolade. Und natürlich eine Extra-Portion Zucker, denn nur so kommt das schwere Mundgefühl zustande.  

Über die Entstehungsgeschichte dieses Gebäcks gibt es verschiedene Legenden. Einer überlieferten Geschichte nach, soll eine Hôtelière von ihrem Koch ein kleines, quadratisches Schokogebäck gefordert haben, welches in einer Lunchbox Platz finden sollte. Eine andere Story berichtet von einer Bibliothekarin, die bei ihrem Schokoladenkuchen das Backpulver vergessen hatte und die Backzeit falsch kalkulierte. Schon war das bekannte US-Gebäck geboren. Fakt ist, dass bereits 1896 im Boston Cooking-School Cook Book von Fannie Farmer ein Rezept für das Melasse-Gebäck enthalten war. Als Fannie Farmer 1915 starb, waren über 360’000 Exemplare dieses Kochbuchs verkauft. Regelmässig wurden Auflagen von jeweils 50’000 Exemplare nachgedruckt. Das Brownie-Rezept findet der Leser auf Seite 48 im Kapitel mit dem Titel «Lebkuchen, Kekse und Waffeln». Vermutlich war es die Einfachheit des Rezeptes sowie die zunehmend erschwingliche Schokolade, die zur weit verbreiteten Wertschätzung dieser Köstlichkeit geführt hatte. Für Leser, die nach dem Namensursprung fragen, gibt es ebenfalls eine nicht bestätigte Geschichte. Es wird vermutet, dass er von Palmer Cox viel geliebtem illustriertem Kinderbuch «The Brownies: Their Book» aus dem Jahr 1887 inspiriert wurde. In besagtem Werk waren Brownies nachtaktive, hilfsbereite aber schelmische kleine Kobolde.

Fazit

Eines der lebendigsten Viertel von New York ist das Quartier Chelsea. Hier befinden sich Hunderte von Kunstgalerien, wunderschöne Stadthäuser und die legendäre Fat Witch Bakery – willkommen auf dem Hexenplaneten. Hier entsteht die perfekte Kombination aus kross und weich: ein Brownie, der wirklich jedem ein Lächeln ins Gesicht zaubert. In diesem Laden dreht sich alles um das bekannte Gebäck. Diese süssen Meisterwerke sind eine Klasse für sich und Kult. Das haben auch die Macher der TV-Soap «And Just Like That» erkannt und dieser Bäckerei eine winzige Statistenrolle rund um die glamouröse und liebenswerte Carrie Bradshaw vergeben. Das Erfolgsrezept; die Bäckerei tut wenig, dies jedoch besonders gut. Sie spezialisiert sich auf das Backen von verschiedenen Brownies. Das war’s. So einfach und doch so prima. Viele Unternehmen haben heute regelrecht Panik sich zu fokussieren, bzw. sich zu spezialisieren. Die Angst besteht darin, nicht genügend Kunden anzuziehen oder bestehende Kunden zu verlieren. Hinzu kommt die Vorstellung, Spezialisierung führe zu einseitigem, langweiligen und damit hinderlichem Geschäftsverlauf. Das ist ein Trugschluss: Je spezialisierter eine Gesellschaft ist, umso mehr Anziehungskraft besitzt sie. Sorgen sollten sich heute nur jene Firmen, die nicht positioniert und damit kaum spezialisiert sind. Machen Sie’s wie die Fat Witch Bakery und damit Vorhang auf für A SPECIAL COMPANY. Deal?! 

Fat Witch Bakery
Inside Chelsea Market
75 9th Ave, New York, NY 10011

Täglich geöffnet von 11.00 bis 18.00 Uhr

www.fatwitch.com
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www.instagram.com/fatwitchbakery