Mir ist im Multi-Milliarden-Dollar-Wahlkampf der USA was aufgefallen, wollen Sie es lesen? Alter schlägt Jugend, so hat Amerika gewählt. Es ist ein Spiegel der Gesellschaft; gestandene Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur rocken die Welt. Ein Plädoyer fürs älter werden.
Auf seiner grössten Konzerttournee «Mitten im Leben» stand der österreichische Entertainer Udo Jürgens mit 80 Jahren das letzte Mal auf der Bühne. Unvergesslich sein Hit «Mit 66 Jahren». Dieser Schlager aus dem Jahr 1977 handelt davon, dass im Rentenalter das Leben weitergeht und noch lange nicht Schluss sei. Er ist aus dem Leben gegriffen; Ende der Siebzigerjahre entwickelten Senioren die Eigenart, sich ab einem gewissen Alter in gedeckten Farben wie beige, braun und grau zu kleiden. Heute kaum vorstellbar, denn 60 ist das neue 40. So fühlt man und so zeigt man’s. Das ist die Gegenwart, denn die Gesellschaft wird älter, was uns die Alterspyramide verdeutlicht. Wieso sollen die heutigen Pensionisten nicht in bunten Sneakers und Jeans die Stadt erobern, statt Tauben im Park zu füttern? Das Klischee, dass ältere Mitmenschen griesgrämig, geizig und unmodern sind, ist längst passé.
Die demografische Entwicklung bringt einige Branchen vor neue Herausforderungen. So zum Beispiel die Beautybranche. Einverstanden, es gibt sie, die Goldnuggets in der Kosmetikindustrie. Dove ist eine davon. Nach der Offensive mit kurvenreichen Models standen reife Damen vor der Linse. Mit Erfolg. Das Altersmarketing der Marke zahlt sich aus: Die Umsätze von Dove liessen sich verdreifachen. Der Kosmetik-Markt in Europa ist stattlich; 2024 wird ein Umsatz von über 134 Milliarden Euro erwartet. Laut Prognosen steigt der jährliche Zuwachs um 2% auf geschätzte 148 Milliarden Euro bis 2029. Alleine der Zuwachs der Anti-Aging-Produkte liegt jährlich bei geschätzten 5%. Produkte für die reife Haut haben Hersteller wie Shiseido, Chanel, Doctor Babor, Clarins, Dior oder Helena Rubinstein im Sortiment. Auffällig: Die Gesichts-Schmiere gibt’s ab 100 Euro je Döschen. Was fehlt, sind authentische Kampagnen, die Lebensjahre feiern, anstatt Falten zu stigmatisieren. Das komplette Gegenteil im Showbiz.
Wie Madonna, Mick Jagger und Co. das Alter rocken
Die Queen of Pop, Madonna, hat ihre «Celebration Tour» mit fast 80 Auftritt in Nordamerika und Europa im Mai 2024 beendet. Highlight war das kostenlose Monsterkonzert am Copacabana-Strand mit 1.6 Millionen Zuschauern. Im Mittelpunkt der Tournee stand das vierzigjährige Schaffen der Künstlerin. Die 65-jährige Sängerin reist von Land zu Land und fleissig darin, ihre biografischen Stationen zu inszenieren. Hit um Hit – und easy abendfüllend. Ihre Fans erlebten den US-Star energiegeladen und mit er Ausstrahlung. Die Pop-Queen ist dick im Geschäft und nicht die einzige.
Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger rockt mit 80 Jahren von April bis Juli 2024 auf seiner Hackney Diamonds Tour durch Nordamerika. Ab Ende 2024 dürfen wir Cher nochmals live erleben. Die 78-jährige – böse Zungen behaupten, einige Körperteile seien im Originalzustand – rockt mit ihren legendären Bestsellern durch die Welt. Es sind keine Ausnahmeerscheinungen; Alice Cooper, Eric Clapton, Paul McCartney, Rod Stewart oder Cyndi Lauper sind nur einige Entertainer, jenseits der Sechzig, die Hallen füllen und dabei die Lebensfreude im Alter demonstrieren. Sie alle sind das lebendige Gegenteil der Berufseinsteigerin Dana Rosa. In ihrem Video, das millionenfach geklickt wurde, klagt sie «Wann wachen wir endlich alle auf und checken, dass wir einfach nicht mehr arbeiten sollen?». Ist das die neue Realität im Berufsalltag? Von Entschleunigung zu Entschleunigung hetzen bis zum Burn-out?
Catwalk-Revolution: Warum bekannte Models über 50 noch im Modebusiness sind
Mehr Motivation zu arbeiten kommt von der gestandenen Garde. Von der Bühne zum Catwalk; die Zeiten, in denen Mannequins in jungen Jahren ihren Zenit erreicht haben, scheinen vorbei zu sein. Models wie Naomi Cambpell sieht man Ihre faltenfreie 54 Jahren nicht an. Auch Heidi Klum modelt trotz reifen Jahren weiter. Sie macht mit ihrer Tochter Leni gute Figur für die Lingerie-Marke Intimissimi und lässt dabei einige Betrachter schaudern; Mutter, die sich mit ihrer Tochter auf diese Weise verkauft, erinnert an archaische Zeiten. Kritiker sehen Heidi als Puffmutter. Geschuldet ist dieses Narrativ, dass Frauen sich nur für den männlichen Blick in ansprechenden Dessous kleiden. So viel Freizügigkeit wie bei der Familie Klum gab’s auch an der diesjährigen Victoria’s-Secret-Modenschau in New York. Tolle Models jenseits der Fünfzig wie Kate Moss, Carla Bruni, Angela Ermakova und Tyra Banks präsentierten die neuen Kollektionen der Dessous-Marke. Und wissen Sie was? Sie bringen eine neue Ästhetik auf den Catwalk. Altersklassen, die vor wenigen Jahren noch ein Tabuthema waren, gehören heute zur Show. Alter als Alleinstellungsmerkmal? Genau. Keiner ist zu alt zum Modeln, denn die Ladies sehen toll aus und verkörpern einen Zeitgeist, der im aktuellen Mode-Zirkus wenig Raum erhält, obschon die Zielgruppen riesengross wäre. Diskrepanz an dieser Situation? Es sind die Greise, die uns diesen Pubertätswahn verkaufen.
Fashion-Widerspruch: Faltenfreie Marken, deren Lenker längst ergraut sind
Den längsten Atem im Modezirkus haben Star-Designer wie Jean Paul Gaultier, Armani, Ralph Lauren, Tommy Hilfiger, Calvin Klein, Miuccia Prada, Paul Smith, Yöji Yamamoto oder Rei Kawakubo. Sie sind die perfekten Verkäufer der ewigen Jugend und propagieren das Streben nach der Blütezeit. Ihre Unternehmen verdienen Milliarden damit. Ein Blick auf die zehn populärsten Fashionmarken aus 2023 lassen erkennen, dass die meisten Brands das Pensionsdasein längst erreicht haben:
- LOEWE wurde 1846 gegründet.
- PRADA wurde 1913 gegründet.
- VERSACE wurde 1978 gegründet.
- MIU MIU wurde 1992 gegründet.
- BOTTEGA VENETA wurde 1966 gegründet.
- VALENTINO wurde 1960 gegründet.
- SAINT LAURENT wurde 1961 gegründet.
- MONCLER wurde 1952 gegründet.
- GUCCI wurde 1921 gegründet.
- DIOR wurde 1946 gegründet.
Ähnliche Parallelen finden sich auch in der Welt der Haute Couture. Ob CHANEL (1913), DIOR (1946) oder LOUIS VUITTON (1859), sie alle zelebrieren Jahr für Jahr faltenfreie Schönheit im Scheinwerferlicht.
Paradoxerweise würde keine dieser erfolgreichen Marken den propagierten Jugendwahn wirtschaftlich überleben, wenn sie ausschließlich von einer pubertierenden Kundschaft abhängig wäre. Wann erkennen populären Styling-Marken das Altersmarketing? Sich in dieser Nische zu positionieren, verspricht Wachstum. Selbstverständlich sollten wichtige Kriterien wie Bequemlichkeit, einfache Pflege und Hautfreundlichkeit den Interessen der potenziellen Klientel entsprechen. Alter ist wie ein Mosaik: Viele Steinchen ergeben ein einzigartiges Kunstwerk. Auch die Schönheit eines älteren Menschen setzt sich aus vielen kleinen Aspekten zusammen: aus Erfahrungen, Erinnerungen, Charaktereigenschaften und kleinen Imperfektionen. Diese Einzelteile bilden ein individuelles und faszinierendes Gesamtbild. Wie lange dauert es, bis der Fashionmarkt das erkennt?
Szenenwechsel: Modemarken, Kosmetikunternehmen, Juweliere und viele andere Branchen schalten ihre Werbeanzeigen in Modemagazinen, um ihre Produkte einem breiten Publikum zu präsentieren. Die Zeitschriften leben primär von den Anzeigen der großen Fashion-Brands und präsentieren einen Traum faltenfreier Haut. Die Realität sieht anders aus; staubig wie Mumien inszenieren sich ewig jung. Das erfolgreichste Periodikum, die Vogue, erschien erstmalig am 17. Dezember 1892, als Gesellschaftsmagazin für New Yorks Elite. Noch älter ist dietraditionsreichste Galionsfigur aller Fashiontitel, das Harper’s Bazaar. Die erste Ausgabe erschien 1867 in den USA.Die jüngste Papier-Ikone ist die Elle. Sie erblickte das Licht der Welt 1945 in Frankreich. Alle diese Printtitel eifern der Jugendlichkeit nach und überleben Trends, wie jene der sozialen Medien. Dies zeigt, dass das Streben nach faltenfreier Schönheit ein zeitloses Thema ist. Es ist die Suche nach Perfektion, welche mit Schönheit, Gesundheit und Vitalität assoziiert wird. Der Wunsch, diese Eigenschaften zu bewahren oder wiederzuerlangen, ist ein universelles Verlangen. Es gibt sie, die Goldnuggets unter uns, die an Persönlichkeit, Lebensfreude und Coolness auch an reichen Lebensjahren kaum zu überbieten sind.
Applaus für den ältesten Teenager der Welt: Wie Iris Apfel das Alter neu definierte
Ein Eye-Catcher zeitloser Schönheit war die New Yorker-Stilikone Iris Apfel. Sie selber bezeichnete sich einst humorvoll als «die älteste Teenagerin der Welt». Tatsächlich ist sie mit 85 Jahren ein zweites Mal beruflich durchgestartet als starke Botschafterin, Model, Innenarchitektin und clevere, amerikanische Geschäftsfrau. Mit über 90 Jahren, erhielt sie eine eigene Barbie, eine Ehre, die nur wenigen Persönlichkeiten zuteilwird. Sie zierte, wenn auch nicht ganz faltenfrei, dutzende Cover von Modemagazine und richtete mit ihrem privaten Kleider-Fundus die erste Ausstellung über Mode und Accessoires im Metropolitan Museum of Art aus. Mit 97 Jahren unterzeichnete sie einen Vertrag mit der Modelagentur IMG und beweist: Lebensfreude im Alter ist etwas Grossartiges. Die Vergangenheitsform wähle ich, weil Iris im Frühling 2024, mit 102 Jahren, in ihrem Haus in Palm Beach, Florida, verstarb. Was für eine glaubwürdige Veteranin fürs älter werden. In meinen Augen die perfekte Vertreterin für die Kosmetikindustrie – unbezahlbar.
Leider fehlt es dieser Branche an Mut. Mainstream vor Individualität. Kosmetik – so scheint es zumindest – ist nichts für den Nischenmarkt. Überzogene, unrealistische Werbeversprechen wie «ewige Jugend» oder «Faltenfrei in 7 Tagen» gehören zur Tagesordnung. Bei mir löst das Kopfschütteln aus. Mal ehrlich; an welche Zielgruppe richten sich diese unsinnigen Werbespots? Naiv und unerfahren muss man sein, wer solche Botschaften glaubt und losrennt, um diese Produkte zu kaufen. Dass es auch anders geht, beweist die Luxusmarke Loewe. Die Handtaschen-Kampagne mit Maggie Smith ist Lebensfreude pur. Es ist eine authentische Darstellung der damals 88-jährigen Maggie Smith, für die Spring/Summer Pre-Collection 2024. So erfrischend, wie ein Softeis in der Wüste Gobi. Die Schauspiellegende verzaubert mit diesem Engagement nicht nur Harry-Potter-Fans, sondern erobert die Herzen der Welt. Cool. Authentisch. Tolle Marke, perfekte Werbung. Ähnliche Situation aus Hollywood.
Hollywood reift: Warum uns Leinwandlegenden wie Robert de Niro bis Meryl Streep begeistern
Apropos Schauspieler; sind es nicht die gestandenen Leinwandheldinnen und -helden, die uns immer wieder begeistern und emotional verzaubern? Was wäre Hollywood ohne Clint Eastwood, Eva Marie Saint, Diane Baker, Goldie Hawn, Jane Fonda, Tom Hanks, Meryl Streep, Kevin Costner oder Robert De Niro? Sie alle erstrahlen im Glamour des Old-Hollywood und prägen das Filmgeschäft bis heute. Beweis gefällig?
Geniessen Sie diese zwei Blockbuster als Schlechtwetter-Sonntagsprogramm: Die Komödie «Man lernt nie aus» mit Robert De Niro als 70-jähriger Praktikant bei einer Mode-Website. Grosses Kino mit Lacher-Garantie. Wer es lieber europäischer mag, empfehle ich den Schweizer Klassiker «Herbstzeitlosen». Die 80-jährige Martha zeigt, dass es im schweizerischen Emmental noch so etwas wie einen zweiten Frühling gibt. Was für ein herrlicher Schenkelklopfer. Zeitgemäss geht’s auch im Fernsehen: Erinnern Sie sich an die Kult-Soab «Sex and the City»? Ja, die Glamourgirls Carrie, Charlotte, Miranda und Samantha, in deren Leben sich alles um Sex und Schuhe dreht. Die preisgekrönte Serie gibt es heute in einem Update als «And Just Like That» – mit den Darstellerinnen in Ihren 50ern. Zeitgemäss und ebenso cool. Und ich frage Sie: Ist Alter nicht relativ? Wer bestimmt, was jung oder alt ist? Richtig, wir. Die Gesellschaft. Nur gibt es hier ein Problem: Wir lieben Klischees und Schubladendenken. Einen Neustart mit 70? Um Gottes willen! Dabei lehrt uns die Realität das pure Gegenteil.
Erfahrung statt Jugend: Warum ältere Unternehmer die Nase vorn haben
Erfahrung ist ein unschätzbares Gut, das mit dem Alter wächst. Gefragt sind diese Eigenschaften in der Wirtschaft. Beispiel gefällig? Wie wäre es mit dem Chairman und CEO von Berkshire Hathaway? Warren Edward Buffet gilt als erfolgreichster Investor der Welt. Mit seinen 94 Jahren, einem privaten Vermögen von weit über 120 Milliarden US-Dollar, beweist er rund um den Globus, wie man Geld verdient. Tönt zu sehr nach American Dream? Wie wäre es mit dem deutschen Discount-König Dieter Schwarz? Mit einem geschätzten Vermögen von rund 44 Milliarden Euro gehört der 85-Jährige zu den aktiven Unternehmenslenkern aus Deutschland. Zu seiner Schwarz-Gruppe gehören Marken wie Lidl oder Kaufland.
Ähnlich erfolgreich der 86-jährige Klaus-Michael Kühne. Sein Kühne & Nagel-Logistikkonzern machte ihn zum schwerreichen Firmenlenker und aktiven Investor. Auch der Schraubenkönig Reinhold Würth, Eigner der gleichnamigen Holding, ist nicht nur Weltmarktführer in der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Montage- und Befestigungsmaterial, sondern auch Selfmade-Milliardär. Erst vor wenigen Wochen hat er das Zepter seiner Firma in jüngere Hände gelegt. Chapeau! Auch im Land der tollen Uhren und delikaten Schokolade gibt es grossartige Vorbilder. Walter Frey wird mit 81 Jahren nicht müde, täglich ins Büro nahe Zürich zu fahren. Stets mit Anzug und Krawatte leitet er seit über 55 Jahren seine Emil Frey Gruppe – Europas grösster Autohändler. Falls Sie keine Autos mögen: lieben Sie Kunst?
Die Kunst des Alterns: Warum Exponate von etablierten, erfahrenen Künstlern so wertvoll sind
Im Hinblick auf finanzielle Investitionen; würden Sie Ihr Geld in einen Maler investieren, der soeben von der Kunstschule abgeht? Leider nein (sehr wahrscheinlich sind grossartige Talente darunter!). Gemälde von Pablo Picasso, Jean-Michel Basquiat oder Andy Warhol erzielen hohe Renditen. Liegt auf der Hand, denn Gemälde verstorbener Künstler erzielen meist Toppreise im Auktionshaus. Wie verhält es sich mit lebenden Künstlern? Zu den Erfolgreichen zählen:
Der US-amerikanische Künstler Jeff Koons (Jahrgang 1955).
Der deutsche Künstler Gerhard Richter (Jahrgang 1932).
Der US-amerikanische Maler Jasper Johns (Jahrgang 1930).
Der chinesische Maler und Kalligraf Cui Ruzhuo (Jahrgang 1944).
Der US-amerikanische Maler Edward Ruscha (Jahrgang 1937).
Die japanische Künstlerin Yayoi Kusama (Jahrgang 1929).
Die US-amerikanische Künstlerin Cindy Sherman (Jahrgang 1954).
Die britische Malerin Bridget Riley (Jahrgang 1931).
Im Handel sind es die etablierten Kunstschaffenden, deren Werke astronomische Preise erzielen. Die Unikate der oben skizzierten Meister werden im Millionenbereich gehandelt und rufen einen Rendite-Goldrausch hervor. Es ist ein Schatz der Erfahrung. Oder um es mit den Worten des Schweizer Schriftstellers Curt Goetz auszudrücken: «Die Zeit ist eine große Lehrerin. Schade nur, dass sie ihre Schüler umbringt». Diese Aussage trifft den Nagel auf den Kopf.
Erfahrung an der Macht: Wer regiert die Welt?
Beenden wir unsere Hommage an das Reifen mit einem Blick auf die Politik: Es gibt sie, Regierungschefs, von denen der aktuell amtierende US-Präsident Joe Biden als Jungspund durchgeht. Die Jugend hinter sich gelassen hat der Präsident von Irland, Michael D. Higgins, mit seinen aktuellen Lenzen von 84. Ali Khamenei, fünfundachtzig, ist seit 1989 oberster Führer des mehrheitlich schiitischen Iran. Der Scheich von Kuwait, Mishal al Ahmad al Jaber a Sabah, zählt auch 84 Ringe des Lebens und ist seit 2023 der 17. Emir von Kuwait. Carnelius A. Smith ist 87 Jahre jung und war General-Gouverneur der Bahamas. Er kam erst mit 80 Jahren ins Amt. Einen Neuanfang, am Ende des Berufslebens, erfahren wir im aktuellen Wahlkampf. Die Agenden könnten nicht unterschiedlicher sein: Wahnsinn vor Intelligenz. Eine Pointe ist augenfällig: Während die Republikaner im Frühling 2024 das Alter von Joe Bilden als Waffe nutzten, drehte Vizepräsidentin Kamala Harris nach ihrer Nomination als Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten den Spiess um. Sie feierte am 20. Oktober ihren 60. Geburtstag und ist damit 18 Jahre jünger als ihr Kontrahent Donald Trump. Alleine schon die Optik spricht Bände; sie glänzt optisch kein Jahr älter als vierzig. Was können wir daraus lernen?
Warum wir das Altern feiern sollten
Der kommende 47. Präsidenten der USA ist 78 Jahre jung und hat soeben einen Multi-Milliarden-Dollar-Wahlkampf hinter sich. Herausfordernd; physisch wie psychisch. Er steht es durch wie ein Novize. Muss er wohl, schliesslich wäre die Alternative Knast. Bevor Sie weiterlesen, erlauben Sie mir eine Beichte: Ich mag diesen verurteilten Sexualstraftäter nicht. Respekt gebührt ihm für seinen Wahlkampf-Fahrplan. Als Stehaufmännchen hat er die Cleverness sich zu positionieren. Ist ein Rebell. Keine graue Maus, wie die vielen Gentleman-Politiker, die uns täglich in den Medien serviert werden. Er ist der Mittelfinger im Washington-Etablissement. Seine Gemeinheiten und Beleidigungen schiessen schneller aus seinem Mund, als eine Kalaschnikow. Gewitterwolken statt Sonnenschein. Seine Lügen und sein Irrsinn wirken wie ein Schlüssel-Dietrich; öffnet Tür und Tor weltweiter Medien. Die Strategie dahinter erinnert an das italienische Modehaus Benetton: In den 90er Jahren brachte Oliviero Toscani mit seinen Provokationen die Welt in Wallung. Auf seinen Werbeplakaten für die Klamottenmarke präsentiert er Kunstfotos mit gesellschaftskritischen Botschaften. Todgeweihte Aidspatienten, ölverschmierten Enten oder einen hübschen Priester, der eine sexy Nonne küsst waren einige der Sujets, die für Furore sorgten. Aufgabe erfüllt: Benetton verzehnfacht den Umsatz.
Der Wahlsieg ist ein American Dream für einen Playboy und Pleitier, der an Selbstverliebtheit nicht zu toppen ist. Oder ein vier Jahre andauernder American Nightmare für den Rest der Welt. Mit 82 Jahren wird seine Amtszeit beendet sein – sofern die Natur der Menschheit nicht zur Hilfe eilt. Welche Inspiration wollen wir Unternehmer aus dieser Quelle schöpfen? Der Hirnschluckauf des Republikaners ist’s nicht. Glauben Sie mir, das schadet Ihrer Seelenhygiene. Seine dunklen Seiten dürfen Sie ebenfalls getrost ignorieren.
Es ist seine persönliche Positionierung, auf die wir einen Blick werfen sollten. Diesen inszenierten Alleinstellungsmerkmalen folgt ein Millionenpublikum. Wer sich differenziert und mutig gegen den Strom schwimmt, gewinnt. Das nächste Mal, wenn Sie sich alt und ausgelaugt fühlen, prüfen Sie Ihre Positionierungsstrategie. Hier schlummert mehr Potenzial als geahnt. Womöglich ist es ausgerechnet das Alter, dass Ihnen – privat oder beruflich – neue Perspektiven öffnet? Stellen Sie sich vor, es gäbe morgen ein cooles Modelabel, statt Young Fashion gibt’s stylische Old Fashion. Begleitet von Kampagnen, die so unglaublich klasse rüberkommen, wie seinerzeit jenes, mit dem Stones-Gitarristen Keith Richards für Louis Vuitton. Es vereint Lebenserfahrung mit Selbstbewusstsein. Strahlt mehr Coolness aus, als das französisch-italienische IT-Label der Stunde AMI Paris. Eine solche Zukunft inspiriert und wirken wie ein Jungbrunnen. Was denken Sie?
Fazit
Sind Sie Ende 50, fühlen sich manchmal steinalt und ausgebrannt? Hier die guten Nachrichten; Sie stehen in der Blüte Ihres Lebens. Wer heute die Sechzig erreicht hat, ist körperlich, mental und intellektuell mindestens ein Jahrzehnt jünger. Die heutige Lebenserwartung liegt durchschnittlich bei Achtzig. Vor 100 Jahren, also 1924, lag sie bei Sechzig. Ende dieses Jahrhunderts rechnen Forscher mit einer maximalen Lebenserwartung von 130 Jahren. Schluss mit Gewitterstimmung, denn Alter ist keine Krankheit, sondern eine Chance. Wieso die Lebensfreude im Alter verlieren? Die Welt verändert sich, ebenso wie unsere Vorstellung von älter werden. Weg von pickligen Stereotypen, hin zu einer Gesellschaft, die Vielfalt und Erfahrung schätzt. Lachen Sie die ersten Fältchen weg, denn die beste Zeit liegen vor Ihnen. Die Zukunft gehört denen, die die demografische Entwicklung als Chance begreifen. Packen Sie’s an; erkennen Sie Ihre persönlichen Alleinstellungsmerkmale. Trauen Sie der Statistik. In Deutschland sind heute 22 Millionen Menschen über 60, das ist mehr als jeder Vierte. Und es werden immer mehr. Ähnliches Bild in China; bis 2035 werden 400 Millionen Menschen das Pensionsalter erreicht haben. Schlummert hier nicht ein enormes Potential für’s Altersmarketing? Ob in der Wirtschaft, Politik oder im Showbiz: erfolgreiche Menschen aller Altersgruppen zeigen uns, dass Alter keine Grenze kennt. Ein Plädoyer fürs älter werden.
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